kurzer Leitfaden zum Aufbau einer mittelalterlichen Burg
In Deutschland wandelte sich um 900 n.Chr. die adelige Wohnsitte. Es wurde üblich, dass der Herr nicht mehr im offenen Hof inmitten seiner Scheunen und Viehställe in der Nachbarschaft einer Fliehburg wohnte, sondern für sich und seinen Anhang eine stark befestigte kleine Burg in einer durch die Natur möglichst geschützten Lage baute.
Für die Wahl des Platzes war in erster Linie maßgebend, welchen Zweck die Burg erfüllen sollte, z.B. eine Paßstraße oder einen Flußübergang im Kriegsfall zu sperren, Zölle an Land- und Wasserstraßen zu erheben oder eine unruhige Bevölkerung nieder zu halten.
Im Flachland nutzte man stehendes und fließendes Wasser in Form von Wassergräben oder eines umgebenden Sees zur Sicherung der Burg aus (Wasserburgen). Stand eine günstig gelegene beherrschende Anhöhe zur Verfügung, wurde diese zum Bau einer Höhenburg genutzt.
Die typische deutsche Burg war von einer Ringmauer (Wehrmauer) umgeben, an deren Innenseite Wohn- und Wirtschaftsgebäude einen Burghof umschlossen. Zur Angriffsseite hin war die Ringmauer verstärkt und enthielt Gußlöcher, durch die man Pech und Steine zur Abwehr des Feindes schütten konnte.
Auf der Krone der 1-3m starken Mauer verlief ein Wehrgang, der nach außen hin durch die Brustwehr mit dem Zinnenkranz geschützt wurde. Die Ringmauer wurde nach bestimmten Streckenabschnitten von Mauertürmen flankiert (Flankierungstürme), die diese Streckenabschnitte schützen sollten.
Bei großen Burgen schaffte eine zweite äußere Mauer um die Kernburg einen zusätzlichen Verteidigungsraum, den Zwinger, in dem der Feind auf beengtem Platz kämpfen musste. Erweiterte sich der Zwinger an einer Seite der Burg, so wurde er zur Vorburg.
Ein Burggraben hinderte die Angreifer daran, sich der Mauer unmittelbar zu nähern. Dieser war entweder als Ringgraben gebaut, der die ganze Burg umzog, oder als Halsgraben, der die auf einem Bergvorsprung liegende Höhenburg vom Hintergelände trennte.
Die schwächste Stelle einer Burg war ihr Burgtor.
Es wurde alles getan, um die Annäherung an das Tor zu erschweren. Vor das Burgtor legte sich daher immer ein Torgraben, der nur über eine bewegliche Brücke (Zugbrücke) überschritten werden konnte. Zur besseren Verteidigung wurde die Toröffnung von Türmen flankiert und bisweilen überdacht (Torhaus). Pechnasen – Öffnungen im Mauerwerk, durch die man Pech schütten konnte, – bedrohten den Angreifer. Ein in Mauerfalzen herabgleitendes Fallgitter oder Falltor bildete einen zweiten Verschluss. Den Zugang zum Tor verteidigte ein besonderes Vorwerk, eine speziell befestigte vorgelagerte Verteidigungslinie.
Den Kern der Burg bildete in der Regel ein großer, starker Turm, der Bergfried, der einen überhöhten Standpunkt zur Beobachtung und Bekämpfung des Gegners bildete und im Notfall die letzte Zuflucht der Burginsassen war. Das fenster- und türlose Untergeschoss des Bergfrieds diente im Allgemeinen als Burgverlies.
An Wohnbauten umschloss die Burg neben Pferdeställen und verschiedenen Werkstätten einen Palas. Dies war in der Regel ein langgestrecktes Haus mit Wirtschafts- und Vorratsräumen im Erdgeschoss und einem Rittersaal im Obergeschoss, an den sich die kleineren, heizbaren Wohnräume (Kemenaten) anschlossen.
Die Wasserversorgung erfolgte aus einem Brunnen. Auf Höhenburgen, wo das Anlegen von Brunnen kostspielig oder gar unmöglich war, sammelte man Regenwasser in Zisternen.
Im 15. Jahrhundert begann die Burg allmählich ihren Wert als befestigter, sicherer Wohnsitz einzubüßen, was auch auf die Vervollkommnung der Feuerwaffen in jener Zeit zurückzuführen war. Durch Fehden mit den Städten und Landesherren wurden viele Burgen zerstört. Um 1500 hat die Burg ihre Rolle als Kriegsbau endgültig ausgespielt. An ihre Stelle tritt die städtische Festung.